Wie gründe ich eine Stiftung in der Schweiz? - Vollständiger Leitfaden 2025
Was ist eine Stiftung in der Schweiz?
Eine Stiftung ist verselbständigtes Vermögen, das von einem Stifter für einen bestimmten dauerhaften Zweck zur Verfügung gestellt wird. Als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist sie Trägerin von eigenen Rechten und Pflichten.
Schweizer Stiftungslandschaft:
- Über 13'000 gemeinnützige Stiftungen aktiv
- Gesamtes Stiftungsvermögen: rund CHF 100 Milliarden
- Globaler Spitzenplatz: 6x mehr Stiftungen pro Kopf als USA/Deutschland
- Sehr liberales Stiftungsrecht mit hoher Flexibilität
Mindestkapital und empfohlene Vermögenswerte
Gesetzliches Mindestkapital:
- CHF 50'000 bei Gründung erforderlich
- Kapital muss nicht sofort vollständig einbezahlt werden
- Nachweis späterer Mittelzufuhr möglich
Empfohlene Kapitalhöhen für effektive Stiftungsarbeit:
- CHF 3 Millionen: Mindestens für regelmässige Ausschüttungen (VZ Vermögenszentrum)
- CHF 5 Millionen: Allgemeine Empfehlung für sinnvolle Stiftungsführung
- CHF 10 Millionen: Für ewige Förderstiftungen (Experten-Empfehlung)
- CHF 10 Millionen: Rütli-Stiftung Empfehlung für eigenständige Stiftung
Kapitalformen:
- Bargeld
- Immobilien
- Unternehmensanteile
- Andere Vermögenswerte
Gründungskosten im Detail
Einmalige Gründungskosten:
- Gesamtkosten: bis CHF 12'000
- Notariatskosten: öffentliche Beurkundung der Stiftungsurkunde
- Handelsregistergebühren: CHF 600-800 (je nach Kanton)
- Beratungskosten: Rechtsberatung für Statuten und Zweckformulierung
- Vorprüfungskosten: optional bei Stiftungsaufsicht
Jährliche laufende Kosten:
- Verwaltungskosten: CHF 10'000+ pro Jahr
- Buchhaltungs- und Revisionskosten
- Stiftungsaufsichtsgebühren
- Steuererklärungskosten (alle 1-2 Jahre je nach Kanton)
Rechtliche Voraussetzungen für die Gründung
Grundlegende Voraussetzungen (Art. 80-89c ZGB):
1. Stiftungszweck:
- Frei bestimmbar, darf nicht rechtswidrig oder unsittlich sein
- Muss präzise und dauerhaft umsetzbar formuliert werden
- Für gemeinnützige Stiftungen: Uneigennützigkeit und Nicht-Gewinnorientierung
2. Verhältnismässigkeit:
- Vernünftiges Verhältnis zwischen Vermögen und Stiftungszweck
- Vermögen muss für Zweckerfüllung ausreichend sein
3. Errichtungsform:
- Öffentliche Urkunde (notarielle Beurkundung)
- Testament oder Erbvertrag möglich
- Handelsregistereintrag obligatorisch für Rechtsfähigkeit
Stiftungsarten und ihre Eigenschaften
Gemeinnützige Stiftungen:
- Steuerbefreiung möglich bei gemeinnützigem Zweck
- Spenden steuerlich absetzbar (bis 20% des Reineinkommens)
- Öffentliche Transparenz und Rechenschaftspflicht
Familienstiftungen:
- Vermögensverwaltung für Familienmitglieder
- Normale Besteuerung gemäss Steuergesetzen
- Familiäre Interessenwahrung und Nachfolgeregelung
Kirchliche Stiftungen:
- Unterstützung religiöser Aktivitäten
- Spezielle steuerliche Behandlung möglich
- Kirchliche Institutionen als Begünstigte
Stiftungsorgane und Governance
Stiftungsrat (obligatorisches Organ):
- Mindestanzahl: 3 natürliche oder juristische Personen (Praxis-Anforderung)
- Bei internationalen Stiftungen: mindestens ein zeichnungsberechtigtes Mitglied mit Schweizer/EU-Bürgerrecht und Schweizer Wohnsitz
- Aufgaben: Leitung, Verwaltung und Zweckumsetzung
- Haftung: Persönliche Haftung der Stiftungsräte nicht ausschliessbar
Weitere mögliche Organe:
- Geschäftsführung
- Revisionsstelle (bei grösseren Stiftungen obligatorisch)
- Anlageausschuss
Schritt-für-Schritt Gründungsanleitung
Phase 1: Vorbereitung und Planung
- Zweckdefinition: Klare Formulierung des Stiftungszwecks
- Finanzplanung: Kapitalbedarf und Ausschüttungsplanung erstellen
- Rechtsberatung: Spezialisierte Anwälte für Stiftungsrecht konsultieren
- Organisationsstruktur: Stiftungsrat und weitere Organe bestimmen
Phase 2: Dokumentenerstellung
- Stiftungsurkunde: Statuten mit allen erforderlichen Angaben
- Stiftungsreglement: Detaillierte Ausführungsbestimmungen
- Zweckformulierung: Präzise und zukunftssichere Formulierung
- Organisationsreglement: Aufgaben und Kompetenzen der Organe
Phase 3: Behördliche Schritte
- Vorprüfung: Freiwillige Prüfung durch Stiftungsaufsicht empfohlen
- Notarielle Beurkundung: Öffentliche Urkunde erstellen lassen
- Handelsregistereintrag: Anmeldung bei zuständigem Handelsregisteramt
- Stiftungsaufsicht: Anmeldung bei zuständiger Aufsichtsbehörde
Phase 4: Operative Einrichtung
- Bankkonten: Eröffnung von Stiftungskonten
- Buchhaltung: System einrichten und Revisionsstelle bestimmen
- Steueranmeldung: Bei Steuerbehörden für Gemeinnützigkeit anmelden
- Versicherungen: Haftpflicht- und weitere Versicherungen abschliessen
Steuerliche Aspekte und Vorteile
Steuerbefreiung für gemeinnützige Stiftungen:
- Voraussetzungen: Gemeinnütziger, uneigennütziger Zweck
- Befreiung von: Gewinn-, Kapital- und Grundstücksteuer
- Steuererklärung: Jährlich oder alle 2 Jahre (je nach Kanton)
- Prüfung: Regelmässige Überprüfung der Gemeinnützigkeit
Spendenbegünstigung:
- Steuerlicher Abzug: Bis 20% des Reineinkommens (Bund und meiste Kantone)
- Jährliche Zustiftungen: Als Spende absetzbar
- Erbschaftssteuer: Oft vollständige Befreiung bei gemeinnützigen Zwecken
Aufsicht und Compliance
Eidgenössische Stiftungsaufsicht (ESA):
- Zuständigkeit: Stiftungen mit überkantonalem/internationalem Charakter
- Jährliche Berichterstattung: Tätigkeitsbericht, Jahresrechnung, Revisionsbericht
- Kontrolle: Zweckmässige Verwendung des Stiftungsvermögens
Kantonale Aufsichtsbehörden:
- Zuständigkeit: Lokal tätige Stiftungen
- Aufsichtspflichten: Analog zur eidgenössischen Aufsicht
- Berichterstattung: Jährliche Rechenschaftslegung
Alternative: Dachstiftung vs. Eigene Stiftung
Dachstiftung (Unterstiftung/Stiftungsfonds):
Vorteile:
- Niedrigeres Mindestkapital: ab CHF 200'000 (VZ Dachstiftung)
- Geringere Kosten: Keine eigenen Verwaltungskosten
- Weniger Aufwand: Administration durch Dachstiftung
- Schnellere Umsetzung: Einfachere Gründung
Nachteile:
- Weniger Autonomie: Abhängigkeit von Dachstiftung
- Eingeschränkte Gestaltungsfreiheit
- Keine eigene Rechtspersönlichkeit
Eigene Stiftung:
Vorteile:
- Vollständige Autonomie: Eigene Entscheidungsgewalt
- Individuelle Gestaltung: Massgeschneiderte Statuten
- Eigene Rechtspersönlichkeit: Vollständige juristische Eigenständigkeit
- Prestigewirkung: Eigener Name und Auftritt
Nachteile:
- Höhere Kosten: CHF 12'000+ Gründung, CHF 10'000+ jährlich
- Mehr Verwaltungsaufwand: Eigene Administration erforderlich
- Höheres Mindestkapital: Empfohlen CHF 3-10 Millionen
Häufige Fehler und wie Sie diese vermeiden
Bei der Zweckformulierung:
- Fehler: Zu enge oder zu weite Zweckdefinition
- Lösung: Präzise, aber zukunftssichere Formulierung mit Expertenberatung
Bei der Kapitalplanung:
- Fehler: Unterschätzung der laufenden Kosten
- Lösung: Realistische Finanzplanung über mehrere Jahre
Bei der Governance:
- Fehler: Unklare Kompetenzen und Verantwortlichkeiten
- Lösung: Detaillierte Reglemente und regelmässige Schulungen
Bei der Aufsicht:
- Fehler: Vernachlässigung der Berichtspflichten
- Lösung: Professionelle Buchhaltung und rechtzeitige Berichterstattung
Vor- und Nachteile im Überblick
Vorteile einer Stiftungsgründung:
- Steuerliche Begünstigung: Spenden absetzbar und Steuerbefreiung
- Nachhaltiger Impact: Dauerhafter gesellschaftlicher Beitrag
- Flexibilität: Liberales Schweizer Stiftungsrecht
- Rechtssicherheit: Stabile schweizerische Rechtsordnung
- Vermögensschutz: Separates Stiftungsvermögen
Nachteile einer Stiftungsgründung:
- Hohe Gründungskosten: Bis CHF 12'000 initial
- Laufende Verwaltungskosten: CHF 10'000+ jährlich
- Unwiderruflichkeit: Vermögensübertragung nicht rückgängig machbar
- Verwaltungsaufwand: Regelmässige Berichterstattung und Compliance
- Gebundenes Vermögen: Keine private Verwendung mehr möglich
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wer kann eine Stiftung gründen?Natürliche Personen ab 18 Jahren und juristische Personen (auch ohne Schweizer Wohnsitz).
Ist eine eigene Stiftung sinnvoll?Empfehlenswert ab einem Vermögen von CHF 3-10 Millionen. Bei geringeren Beträgen eher Dachstiftung wählen.
Kann der Stiftungszweck später geändert werden?Nur in Ausnahmefällen und mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Deshalb sorgfältige Anfangsplanung wichtig.
Welche Aufsichtsbehörde ist zuständig?Eidgenössische Stiftungsaufsicht bei überkantonalem/internationalem Charakter, sonst kantonale Behörde.
Wie lange dauert die Gründung?Mit professioneller Begleitung 2-4 Monate vom Entscheid bis zur eingetragenen Stiftung.
Expertentipps für erfolgreiche Stiftungsgründung
1. Professionelle Beratung nutzen:
- Spezialisierte Anwaltskanzleien für Stiftungsrecht
- Steuerberater für optimale Strukturierung
- SwissFoundations für Vernetzung und Best Practices
2. Langfristige Finanzplanung:
- Realistische Einschätzung der Verwaltungskosten
- Ausschüttungsplanung über mehrere Jahre
- Berücksichtigung von Inflation und Marktrisiken
3. Governance-Struktur durchdenken:
- Qualifizierte und engagierte Stiftungsräte wählen
- Klare Kompetenzregelungen definieren
- Regelmässige Weiterbildung sicherstellen
Fazit
Die Gründung einer Stiftung in der Schweiz bietet einzigartige Möglichkeiten für nachhaltiges gesellschaftliches Engagement. Das liberale Stiftungsrecht und die steuerlichen Vorteile machen die Schweiz zu einem attraktiven Stiftungsstandort.
Wichtigste Entscheidungsfaktoren:
- Vermögen: Mindestens CHF 3-10 Millionen für sinnvolle eigene Stiftung
- Zweck: Klar definierter, dauerhaft relevanter Stiftungszweck
- Engagement: Bereitschaft für langfristige Verantwortung und Verwaltung
- Expertise: Professionelle Beratung und Begleitung nutzen
Bei geringerem Vermögen oder weniger Verwaltungsaufwand ist eine Dachstiftung oft die bessere Alternative. In jedem Fall sollten Sie sich umfassend beraten lassen, um die optimale Struktur für Ihre philanthropischen Ziele zu finden.

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